Blog

FLUCHT und VERTREIBUNG in der AHNENLINIE

FLUCHT und VERTREIBUNG in der AHNENLINIE

Hier kannst du den Blog-Artikel auch als pdf-Datei herunterladen: FLUCHT und VERTREIBUNG in der AHNENLINIE

Heute ist der 20. Juni. Weltflüchtlingstag!

„Ich habe etwas Heimaterde. Solch ein Säckchen brachte ich mit und verwahre es im Schrank. Das ist mein wertvollstes Erinnerungsstück. Eine Hand voll nahm ich unter der Türschwelle weg. Diese Erde berührten meine Füße in der Jungend. Wenn ich sterbe, wird man das Säckchen zu mir legen.“

Ein Zitat aus dem Buch „Flucht“ von Andreas Kossert. Überall auf der Erde könnten diese Worte klingen. Sie spiegeln keinen besonderen Ort wider, nur den Unterschied zwischen der Heimat und dem Fluchtort, der niemals Heimat sein kann und niemals sein wird. Der Verlust der Heimat wiegt schwer, ähnlich dem Verlust eines lieben Menschen. Ja, Flüchtlinge können am gebrochenen Herzen sterben, weil der Verlust der Heimat ähnlich schmerzvoll sein kann.

Aber was ist ein Flüchtling? Von wie weit muss man kommen, um als Flüchtling zu gelten? Muss man politisch Verfolgter sein? Oder reicht es aus, aus wirtschaftlichen Gründen sein Land verlassen zu haben? Oder muss man mindestens vor Folter und Tod geflüchtet zu sein, um als „echter“ Flüchtling mit einem „echten“ Anspruch auf Unterstützung im Ankommland zu gelten? Oder sollte man besser statt Ankommland von Transitland sprechen, denn wer auf der Flucht ist, kommt nie wirklich an, auch wenn sich das der durchschnittliche Deutsche mit Vorgarten gar nicht so recht vorstellen mag.

Vielleicht ist der heutige Weltflüchtlingstag ein guter Tag, sich mit diesem Thema einmal auseinander-zusetzen. Mein Blogartikel möchte dazu einen kleinen Beitrag leisten.

Denn Flucht und Vertreibung sind möglicherweise gar nicht so weit weg von dir. Wenn Du in deine Familie zurückschaust, Großeltern oder vielleicht sogar Eltern befragst, wird sich vielleicht die eine oder andere Geschichte zum Thema Flucht und Vertreibung auftun. Kaum eine deutsche Familie ist nicht von Flucht oder Vertreibung betroffen. Meine eigenen Wurzeln liegen unter anderen im heutigen Polen, in Ostpreußen, in Marienwerder, in Elbing, auch in den Masuren. Mein Ur-Ur-Urgroßvater war z.B. der Erbauer des Elbinger Rathauses. Nach dem Krieg wanderten die Brüder meines Großvaters nach Kanada aus. Mein Vater reiste noch vor dem Mauerfall aus der DDR in die damalige BRD aus. Seine Kinder aus 2. Ehe sind ebenfalls ausgewandert. Sie leben heute in England und Australien. Ich selbst habe neben einem Studienaufenthalt in den amerikanischen Südstaaten, in denen die Geschichte der Sklaven die Geschichte des Bundestaates Georgia bis heute prägt, auch in Frankreich in Elsaß-Lothringen studiert und zunächst gestaunt wie viele Menschen auf der Straße deutsch sprachen…klar…dieses Gebiet war lange deutsch, aber das hatte auch ich zunächst nicht so auf dem „Schirm“, denn in der DDR fiel das zumindest in meinem Geschichtsunterricht hinten runter. Erinnern ans deutsche Großreich war nicht erwünscht! Zumindest kam ich trotz heiratswilliger Angebote in Übersee und Frankreich wieder zurück in meine Heimat, nach Leipzig, und wanderte nicht aus.

Nun ist meine eigene Geschichte keineswegs eine Ausnahme. Deutschland ist Einwanderungsland, Transitland und ein Land mit Menschen, die Flucht und Vertreibung kennen und in sich tragen. Nun kommt vielleicht der Einwand, was geht mich die Geschichte meiner Großeltern oder gar Urgroßeltern an? Meine Arbeitserfahrung zeigt: SEHR VIEL!

Ich hatte Klienten, die ständig umzogen, ohne wirklich irgendwo anzukommen und auch nie alle Kisten auspackten, ohne bewusst zu haben, dass das Schicksal der Ahnen in ihnen weiterlebte.

Ich hatte Klienten, die im Ausland Kulturgüter pflegten, ohne sich bewusst zu machen, dass der Urgroßvater im Krieg in dieser Gegend war und so manch einen Einheimischen von dort vertrieb und das Kulturgut der Gegend heute keinen mehr hat, der damit etwas anfangen kann und es deshalb verkommt.

Ich hatte Klienten, die alles zurückließen und einen Mann (oder Frau) aus einem fremden Land heirateten und sich nicht darüber im Klaren waren, dass beide die gleiche Geschichte verband, die Geschichte der Ahnen, die auf der Flucht waren. Tief in ihnen erkannten sie die Geschichte des anderen und erkannten gleichsam ihr eigenes Schicksal.

Ich hatte Klienten, die niemals heirateten und sich in der Arbeit ein Ahne fand, der auf der Flucht die große Liebe verlor und die Trauer darüber so groß war, dass auch nach zwei Generationen der Glaube an die Liebe gestört war.

Ich hatte Klienten, die nur deshalb lebten, weil die Urgroßmutter den Genozid an den Armeniern überlebte, indem man sie in einer fremden Familie versteckte. Alle anderen Familienmitglieder starben und die Großmutter musste ihre eigene Identität verleugnen. Flucht war hier keine Option. Die Urgroßmutter war noch zu klein, um alleine flüchten zu können. Aber in einer fremden Familie heranzuwachsen und die eigene Identität verleugnen zu müssen, ist auch eine Art Flucht, wenn auch mehr nach innen als nach außen.

Und Flucht kann sich wiederholen. Ich hatte Klienten, deren Großeltern erst wegen ihrer Religion aus Österreich ausgewiesen wurden, daraufhin ins damalige Ostpreussen gingen und dann nach dem 2. Weltkrieg noch einmal alles stehen und liegen lassen mussten, weil ihre 2. Heimat nun Polen zugeteilt wurde.

Aber ganz besonders bei Themen, die mit Wohlstand und Geld zu tun haben, finden sich häufig Vorfahren die plötzlich ihr Hab und Gut zurücklassen mussten und in der Fremde neu anfangen mussten. Der Ahne, der dann z.B. in meine Arbeit kommt, traut sich UNBEWUSST nicht, Geld und Reichtum anzuhäufen, weil es ja – wie bei den Ahnen – sowieso jeden Tag verloren gehen könnte. Das hat damit zu tun, dass wir immer in Liebe mit unseren Ahnen verbunden sind und aus einem kindlichen Denken heraus – wohlgemerkt unbewusst – glauben es uns nicht besser gehen lassen zu dürfen als den Ahnen. Innerlich fühlt sich das dann an wie Verrat am schweren Schicksal der Ahnen.

Die gute Nachricht ist, mit Genogrammarbeit und Aufstellungsarbeit lässt sich so etwas lösen. Wichtig ist dann, das Schicksal der Ahnen zu würdigen und wirklich ins Herz zu nehmen. Dann können Geld und Reichtum auch wieder zu einem fließen.

Ich möchte euch zu diesem Thema ein wirklich wertvolles Buch ans Herz legen, das Buch „Flucht“ von Andreas Kossert, aus dem ich das Zitat zu Beginn des Blogartikels entnommen habe.

Dieses Buch ist eine Ansammlung besonders der europäischen, aber auch der asiatischen, afrikanischen und nordamerikanischen Fluchtgeschichte, welches ihresgleichen sucht. Wenn man dieses Buch mit offenem Herzen liest, wird man verstehen, dass nicht erst seit dem Ukrainekrieg Flucht und Vertreibung ein Teil unser aller DNA ist und das Ländergrenzen für Menschen, die die Gegend ihre Heimat nennen, keine wirkliche Rolle spielen, sondern leider in der Vergangenheit eher Spielball und „Tauschobjekt“ der Politik waren und bis heute sind.

Wenn man dieses Buch gelesen hat, versteht man heute immer noch schwelende Konflikte zwischen verschiedenen Ländern, Ethnien, Religionen und Minderheiten viel besser, denn es geht – neben wirtschaftlichen Interessen – auch häufig um nicht anerkanntes Unrecht an den Ahnen, als um echte Politik im Hier und Jetzt.

Mich hat das Buch sehr berührt und auch mein Verständnis für Einzelschicksale in meiner Arbeit, aber auch für die gesamte europäische Politik, noch einmal verändert.

Alles Liebe,

Susanne

Willst du selbst den transgenerativen Traumata in deiner Familie auf die Spur kommen, dann empfehle ich dir mein Do-It-Yourself-Workbook "Erkenne die Kraft deiner Ahnen!"
Link zum Buch: "Erkenne die Kraft deiner Ahnen!"

Oder buche dir eine Einzelsession mit mir: 1zu1 COACHING-Einzelsession mit mir persönlich - Online oder Präsenz in Leipzig

<< Zurück zur vorherigen Seite